Vorsorgerecht
Während ein Testament oder ein Erbvertrag die Vermögensnachfolge nach dem eigenen Tod regelt, hat eine Vorsorgevollmacht die Aufgabe, Vorkehrungen für eine nicht vorhersehbare Veränderung der eigenen Lebensumstände zu treffen, wenn die Veränderung darin besteht, dass man – alters- oder krankheitsbedingt – nicht mehr in der Lage ist, seine eigenen Angelegenheiten selbst und ohne fremde Hilfe zu regeln.
Wenn man für einen derartigen Fall der körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung keine Vorsorge getroffen hat, setzt das Amtsgericht als Betreuungsgericht einen Betreuer ein, der den zu Betreuenden jeweils nach dem Grad der Beeinträchtigung in Vermögensangelegenheiten wie in Nichtvermögensangelegenheiten vertritt. Nach der Gesetzeslage sind Ehepartner und nächste Angehörige (z. B. Kinder) nicht ohne Weiteres berechtigt und befugt, für den zu Betreuenden zu handeln. Um zu vermeiden, dass fremde, vom Gericht eingesetzte Personen („Berufsbetreuer“) die eigenen Belange wahrnehmen, empfiehlt es sich, eine oder mehrere Vertrauenspersonen zu beauftragen, bei Vorliegen einer entsprechenden Beeinträchtigung Verantwortung für seine geschäftlichen und persönlichen Angelegenheiten zu übernehmen.
Die Beauftragung wird nach außen hin, d. h. dritten Personen gegenüber, durch die Erteilung einer Vollmacht dokumentiert, für die sich der Begriff „Vorsorgevollmacht“ eingebürgert hat. Diese Vollmacht kann als sogenannte Generalvollmacht ausgestaltet werden. Sie berechtigt den Bevollmächtigten dann im weitestmöglichen Sinn für den Vollmachtgeber zu agieren, d. h. an seiner Stelle in allen Vermögensangelegenheiten und auch persönlichen Angelegenheiten zu handeln. Die Vertretung in Vermögensangelegenheiten schließt alle denkbaren Rechtsgeschäfte einschließlich der Vertretung des Vollmachtgebers in behördlichen und gerichtlichen Verfahren ein; die Vertretung in persönlichen Angelegenheiten betrifft Entscheidungen darüber, ob und wo eine ärztliche Behandlung, wie z. B. ein ärztlicher Eingriff, vorgenommen werden soll und darf und wo der Vollmachtgeber behandelt oder untergebracht wird.
Die Vollmacht kann dadurch, dass man bestimmte Rechtsbereiche – z. B. Grundstücksgeschäfte – von ihr ausnimmt, eingeschränkt werden; sie kann auch mehreren Bevollmächtigten als sogenannte Gesamtvollmacht erteilt werden, um so einen Kontrollmechanismus zwischen den Bevollmächtigten zu installieren. In aller Regel ist es auch angezeigt, neben einem Hauptbevollmächtigten (z. B. dem Ehepartner) einen oder mehrere Ersatzbevollmächtigte zu benennen (z. B. Kinder), die die Verantwortung übernehmen, wenn der Vollmachtgeber und der Hauptbevollmächtigte etwa infolge eines Verkehrsunfalls in ihrer Geschäftsfähigkeit beeinträchtigt werden.
In der Regel ist es nicht damit getan, dass der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten eine von ihm unterschriebene Vollmacht zur Verfügung stellt, weil das Gesetz in einer Reihe von Fällen eine öffentlich-beglaubigte Unterschrift verlangt, d. h. die Bestätigung eines Notars, dass die Unterschrift unter der Vollmachtsurkunde von dem Vollmachtgeber herrührt.
Noch sicherer ist es, die Vollmacht insgesamt durch einen Notar beurkunden zu lassen, weil so sichergestellt wird, dass der Inhalt der Vollmachtsurkunde nach einer ausführlichen Besprechung mit dem Notar auf die individuellen Bedürfnisse des Vollmachtgebers abgestellt wird.
Eine beurkundete Vollmacht hat darüber hinaus den Vorteil, dass für jeden eingesetzten Bevollmächtigten/Ersatzbevollmächtigten eine Ausfertigung erteilt werden kann. Bei der Ausfertigung handelt es sich um eine Urkunde, die die Übereinstimmung mit der Urschrift eines Originals bestätigt und dieselbe Wirkung wie das Original hat. Nach Beratung durch den Notar legt der Vollmachtgeber fest, unter welchen Voraussetzungen welchem Bevollmächtigten eine derartige Ausfertigung erteilt werden soll. Ist eine Ausfertigung verloren gegangen, so stellt der Notar auf Wunsch des Vollmachtgebers eine weitere Ausfertigung aus. Ist eine schriftliche oder beglaubigte Vollmacht verloren gegangen, so muss sie völlig neu errichtet werden.
Für die notarielle Beurkundung einer Vollmacht spricht der nicht zu unterschätzende Vorteil einer vorbereitenden ausführlichen rechtlichen Beratung durch den Notar, wie etwa zu der Unterscheidung zwischen dem sogenannten Außen- und Innenverhältnis und zu der Frage, ob der Bevollmächtigte vom Verbot der sogenannten In-Sich-Geschäfte befreit werden soll.
Außerdem kann eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert werden, um so sicherzustellen, dass Betreuungsgerichte vor der Einleitung eines Betreuungsverfahrens nachfragen können, ob bereits eine Vorsorgevollmacht, die die Gerichtsgebühren auslösende Bestellung eines Betreuers entbehrlich macht, existiert.
Schließlich spricht auch ein finanzieller Aspekt für die Beurkundung der Vorsorgevollmacht durch den Notar: Die Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht und die laufende Betreuung durch einen vom Gericht eingesetzten – und aus dem Vermögen des zu Betreuenden bezahlten – Betreuer löst fortlaufend Gebühren aus, die bei einer dem Vollmachtgeber nahestehende Vertrauensperson als Bevollmächtigtem nicht anfallen.
In den meisten Fällen besteht seitens unserer Mandanten der Wunsch, die Vorsorgevollmacht durch eine sogenannte Patientenverfügung zu ergänzen.
Die Patientenverfügung hat den Sinn, später behandelnden Ärzten Handlungsanweisungen für den Fall zu geben, dass der verfügende Patient nicht mehr in der Lage ist, seinen Willen und seine Wünsche den Ärzten gegenüber zu artikulieren. Hier geht es darum, den Rahmen für gewünschte Behandlungen in Bezug auf das eigene Lebensende abzustecken.
Auch in diesem Bereich ist es äußerst sinnvoll, sich der Beratung eines erfahrenen Notars anzuvertrauen, um zu vermeiden, dass oberflächliche und unvollständige Formulierungen dazu führen, dass sich später behandelnde Ärzte an die Wünsche des Patienten nicht gebunden sehen.
Oliver Hahn
Notar
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Mitgliedschaften
- DVEV (Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge)
- VDAA – Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e.V.
- Anwalt- und Notarverein Dortmund e.V.
- Deutscher Anwaltverein (DAV)
Vita
- Studium der Rechtswissenschaften in Erlangen (Bayern)
- 1. Juristisches Staatsexamen in Erlangen/Nürnberg
- Referendariat am LG Dortmund
- 2. Juristisches Staatsexamen in Düsseldorf
- seit 2000 als Rechtsanwalt zugelassen
- seit 2005 Fachanwalt für Arbeitsrecht
- seit 2013 Notar in Dortmund
- seit 2019 Fachanwalt für Erbrecht